Verantwortliche Freiheit

Kolumne von Dennis Schönberger


© KitzD66/Pixabay

Oft wird der Begriff Freiheit heute als negative Freiheit „von etwas“ verstanden. Dabei kann sie auch „Freiheit für jemanden“ meinen.

Solidarität kann man nicht befehlen, nicht verordnen. Die Appelle hiesiger Politiker*Innen, sich impfen zu lassen, sind gut gemeint, doch angesichts der katastrophalen vierten Welle muss ich Kurt Tucholsky zustimmen: „Das Gegenteil von Gut ist nicht Böse, sondern gut gemeint.“ Um sogleich Missverständnissen vorzubeugen: Mir geht es nicht um Alarmismus, sondern um einen seit nunmehr fast zwei Jahren immer wiederkehrenden Argumentationszusammenhang, den ich sowohl auf Seiten überzeugter Coronaleugner als auch auf Seiten von Impfskeptikern sehe. Und diesen Argumentationszusammenhang möchte ich wie folgt beschreiben: Obgleich vielfach ein begründungstheoretischer Unterschied zwischen Impfgegnern und -skeptikern feststellbar ist, nehme ich dennoch wahr, dass in puncto Freiheit häufig ähnlich nicht nur argumentiert, sondern vor allem(!) gelebt wird.

Einigkeit besteht in der Deutung des schillernden Begriffs Freiheit als einer negativen Freiheit, bekannt als „Freiheit von etwas“. Gewiss, wer „Freiheit von etwas“, z.B. Zwang o.Ä. für sich in Anspruch nimmt und verficht, hat ein gewichtiges Moment privater, persönlicher Freiheit er- und bekannt. Wer allerdings, wie es momentan medial bergauf bergab angeschaut werden kann, Freiheit nur als negative Freiheit propagiert, der vereindeutigt den Freiheitsbegriff unzulässig.

Ja, jeder/jede der/die das tut, der vereinfacht das hohe Gut und Privileg der Freiheit und blendet, wie ich im Gespräch mit Impfskeptikern selbst leidvoll erlebt habe, die positive Freiheit, also die „Freiheit für jemanden“ notorisch oder zumindest chronisch unreflektiert aus. Und das kann nach meinem Dafürhalten zu Recht wütend machen. Ja, das frustriert und das hat schon(!) zur Teilspaltung der Gesellschaf geführt.

Woran es 2021 konkret mangelte, das ist wirkliche, übergreifend-überwältigende Solidarität im Sinne einer solidarischen Grundhaltung bzw. Überzeugung, nicht nur sich selbst, sondern auch die Mit-Menschen, Christenmenschen sprechen vom Nächsten“, zu schützen. Auch und gerade durchs Impfen. Es ist beklagenswert, dass ein gewisser Prozentsatz der deutschen Bevölkerung scheinbar den Selbsterhaltungstrieb ausschaltet, wenn es um die eigene Gesundheit geht – das muss stutzig machen!

Dieser Beitrag ist durchaus als ein Beitrag zur Werbung für das Impfen zu verstehen, denn alle, die sich haben impfen lassen und sich noch impfen lassen werden, leisten einen Beitrag zu einer Freiheit, die in Verantwortung geschieht. Solche Überzeugungstäter kann Deutschland gut ge-brauchen. Das es zu wenige von ihnen gab und noch gibt(!), belegt das Gesetzgebungsvorhaben der allgemeinen Impflicht, die die Bundesregierung in spe für Frühjahr 2022 plant.


Dennis Schöberger