Provokation
Herausforderung
Provokation
Gott mag seine Hand mit ihm Spiel gehabt haben, als Donald Trump bei dem Attentatsversuch nur am Ohr getroffen wurde. Auch wenn das als Feststellung schwer haltbar ist, geht es als Ausdruck der Erleichterung durch. Etwas gewagt ist allerdings die Schlussfolgerung eines Delegierten des republikanischen Parteitags: „In diesem Moment, hat Gott seine Stimme für Trump abgegeben.“
Die religiöse Überhöhung des Geschehens geht aber noch weiter: „Wir sind Zeuge geworden, wie Präsident Trump eine Kugel für uns abbekam“, sagt ein anderer Delegierter und inszeniert Trump als den jesusgleichen stellvertretenden Leidenden.
Auch sein Kontrahent Joe Biden bemühte Gott mit einer seltsamen Aufgabe: Nur er könne ihn von einer weiteren Kandidatur abhalten, äußerte er trotzig nach dem missglückten TV-Rededuell. Es scheint so, als habe sich Gott dafür nun einige menschliche Helfer engagiert.
(Quelle: Apokalypse & Filterkaffee, Reborn in USA, 18.7.24)
Georg Rieger, Nürnberg
„Aus der Turmspitze der gotischen Kathedrale der Stadt Rouen in Nordfrankreich steigen dunkle Rauchwolken empor. trib.al/mv442T0“ postet die Neue Zürcher Zeitung am 11. Juli. Und ihre Redakteurin Fatina Keilani kommentiert umgehend: „Lieber Gott lass es keine Moslems gewesen sein“ (@KeilaniFatina).
Nicht einmal für das fehlende Komma war Zeit – die Gelegenheit einfach zu günstig, um einen Verdacht in die Welt zu setzen. Und besonders perfide: als frommes Stoßgebet getarnt.
Der Turm war – auf allen Fotos leicht zu erkennen – eingerüstet. Es waren also Bauarbeiten im Gang. Auch wenn die offizielle Klärung der Ursache noch dauern wird, ist allen klar, wie der Brand entstanden ist.
Das Feuer war am Abend gelöscht. Der giftige Verdacht steht aber weiter im Netz.
Georg Rieger, Nürnberg
Der Saxophonist André Schnura hatte im Frühsommer seinen Job als Musiklehrer verloren und hatte die Idee, die freie Zeit zu nutzen und die EM-Fanmeilen mehrerer Nationen musikalisch zu unterstützen. Inzwischen ist er der Star außerhalb der Stadien. Dazwischen postet er auch bewegende Texte:
Hallo, ich bin der EM-Typ mit dem Saxophon und möchte meine 5 Minuten Fame nutzen, um euch an etwas Wichtiges zu erinnern.
Noch sind alle Augen auf mich gerichtet, doch das wird nicht immer so bleiben.
Wir alle haben Sorgen, Ängste und Unsicherheiten. Manchmal unterdrücken wir unsere Gefühle aus Scham, fühlen uns minderwertig und glauben, wir müssten etwas leisten, um liebenswert zu sein. Weil wir meinen, nicht gut genug zu sein, versuchen wir, jemand zu sein, der wir nicht sind. Doch in uns allen steckt die Sehnsucht nach Frieden, Geborgenheit und Liebe.
Wir sind einfach alle gleich.
Ich möchte euch daran erinnern, einander zu lieben und zu vergeben. Niemand ist ohne Grund böse. Jeder hat seinen eigenen Rucksack zu tragen. Lasst euer Ego sterben und zeigt Verständnis für eure Mitmenschen.
Meine Uhr sagt, es ist Zeit, dass sich was dreht.
Quelle: andreschnura, Instagram 26.6.24
Georg Rieger RefApp
„Vegetarisch oder vegan?“ lautet die Frage im Regierungsflugzeug, wenn Robert Habeck mit Wirtschaftsvertreter*innen und Journalist*innen unterwegs ist. Der ARD-Korrespondent Oliver Sallet sieht dadurch die Freiheit „über den Wolken“ gefährdet und erinnert an den vermeintlich fatalen Vorschlag eines „Veggie-Day“ im Wahlkampf 2013.
So ein Flug mag schon mal acht/neun Stunden dauern und zwei Mahlzeiten beinhalten. Zeit genug, um arglosen Mitreisende nicht nur tierische Eiweiße zu verweigern, sondern sie auch ernährungstechnisch „umzudrehen“. Wie gut, dass die aufmerksame Presse diesen Eingriff in die Freiheitsrechte aufgedeckt hat. Einfach mal vegetarisch essen – das geht überhaupt nicht!
Der Fleischkonsum ist nicht nur ungesünder und einseitiger als das meiste vegetarische und sogar vegane Essen. Bis das Fleisch verzehrt wird, haben die verbleibenden Nährstoffe 5-20 mal mehr CO2 verbraucht als Gemüse.
Georg Rieger, Nürnberg
Laut Christian Lindner wendet der Staat „Milliarden Euro auf, um Menschen zu unterstützen, die nicht arbeiten“. Die Aussage stimmt und ist gleichzeitig ein gutes Beispiel für billigen Populismus. Im moralischen Sinn falsch wird der Satz nämlich durch das einfache Weglassen des Modalverbs. Um die beabsichtigte Einsparung von Sozialausgaben zu begründen, muss der Satz mit „wollen“ ergänzt werden. In den meisten Fällen wäre aber „dürfen“ richtig, denn einer großen Gruppe der Bürgergeldempfänger*innen, den Asylsuchenden nämlich, wird das Recht zu arbeiten verweigert oder unnötig erschwert.
Nicht nur, dass dieses Arbeitsverbot und die bürokratischen Auflagen viel Geld kosten, sie setzen die Betroffenen auch dem Sozialneid aus – mit allen bekannten Folgen. Dieses Heraushalten aus dem Arbeitsmarkt rührt noch aus einer Zeit, in der man dem Argument „Die nehmen uns die Arbeit weg“ begegnen wollte. Statt den Schritt zu tun, den Experten empfehlen, nämlich alle arbeiten zu lassen, die sich im Land befinden, wird weiter populistische Symbolpolitik – Stichwort Bezahlkarte – betrieben.
Georg Rieger, Nürnberg
Bundestrainer Julian Nagelsmann ist nicht begeistert, dass ausgerechnet kurz vor der EM eine Umfrage erschien, nach der 21 Prozent der deutschen Bevölkerung sich eine Nationalmannschaft mit mehr weißen Spielern wünschen. „Absolut kontraproduktiv“ findet das auch Joshua Kimmich, weil er die Spieler mit Migrationshintergrund für bestens in die Mannschaft integriert hält.
Der Hintergrund der Umfrage ist allerdings schon auch interessant: Der Dokumentarfilmer Philipp Awounou wurde während seiner Recherchen und Dreharbeiten gerade mit dieser Frage nach den zu vielen ausländischen Spielern immer wieder konfrontiert und wollte wissen, wie repräsentativ diese Vorurteile sind.
Der Prozentsatz deckt sich mit anderen Erhebungen und ist daher wenig überraschend. Je nachdem, wie die Nationalmannschaft im Turnier abschneidet, wird der latente Rassismus ein bisschen weniger laut oder lauter. So einfach ist das – leider.
Georg Rieger, Nürnberg
„Schwachsinnig“ nennt Friedrich Merz in der Diskussion bei Maybrit Illner das „Heizgesetz“ von Robert Habeck. Wohlgemerkt das beschlossene Gebäudeenegiegesetz, das Hausbesitzenden ermöglich mit 55 – 70 Prozent Förderung bei nächster Gelegenheit von einer schädlichen und immer teurer werdenden Heizart auf eine umweltschonende und weitgehend autarke umzusteigen.
Volker Quaschning, Professor für Regenerative Energiesysteme dazu: „Heute sind Erdöl und Erdgas noch billig. Ohne Verbote würden viele Menschen weiter Öl- und Gasheizungen einbauen. Die Klimaschutzziele werden so immer unerreichbarer. Und die schnell steigenden Kosten würden für viele ein immer größeres Problem, die dann auf der falschen Heizung sitzen.“
An diesem Punkt wäre es sinnig, wenn alle Verantwortungsträger*innen parteitaktische Beweggründe zurückstellen könnten und gemeinsam dafür werben, dass alle das jeweils Sinnvollste tun.
Georg Rieger RefApp
„Es ist die letzte Aufgabe von Eltern, ihren Kindern das Sterben beizubringen.“ zitiert die Bloggerin Birgit Oppermann in einem sehr persönlichen Post ihren Vater. Gerade bin ich selbst so ein Lerrnender und deshalb berührt es mich. Aber auch, weil es so genau das zum Ausdruck bringt, was ich erlebe. Sicherlich ist es nur für einen Teil der Sterbefälle und Sterbebegleitungen so zutreffend, aber für die steckt viel Erfahrung und Weisheit drin.
In diesen Wochen denke ich viel darüber nach, wie ich das wohl mal selber hinbekomme, dieses Annehmen und das Geschehenlassen. Ob es mir gelingt, meine Bedürfnisse zu äußern und dankbar zu sein. Ob ich am Ende das Vertrauen auf Gott habe oder mich ans Leben klammere. Es wird wohl so wie immer im Leben: Nicht alles Gelernte wird passen, manches wird vergessen sein und eigene Erfahrungen sind auch nötig. Aber dennoch Danke für diese vielen wertvollen Stunden!
birgit.oppermann.schreibt, Threads, 10.5.24
Georg Rieger, Nürnberg
Denis Yücel, Korrespondent der WELT, findet es noch schlimmer, dass Frank-Walter Steinmeier bei einem Besuch in der Türkei nicht deutlicher auf Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte gepocht habe. Aber der überwiegende Teil seines Kommentars dreht sich dann doch um den mitgebrachten Döner-Spieß. In der Türkei sei der Begriff "Fremdscham" vorher unbekannt gewesen, jetzt nicht mehr.
Viele andere Kommentator*innen wollen nicht verstehen, dass der deutsche Bundespräsident nicht eine deutsche Spezialität mitgebracht habe. Sogar Gastgeschenke aus Schweinefleisch schaffen es unter die Vorschläge - peinlich ist ja noch steigerbar! Es mag ja sein, dass das Team um Steinmeier sich die Idee schöngeredet hat. Aber die gute Absicht gar nicht zu erwähnen, ist schon auch unfair. Denn so schlecht war die gar nicht: Was einst aus der Türkei nach Deutschland mitgebracht wurde, wird anlässlich eines Staatsbesuchs quasi re-exportiert. Es war eindeutig und augenzwinkernd als Zeichen der Dankbarkeit und als Symbol der gelungenen Integration gedacht.
Quelle: WELT online (Stand 26.4.24)
Georg Rieger, Nürnberg
Alexandria Ocasio-Cortez, Mitglied des US-Repräsentantenhauses bringt es auf den Punkt: „Billionaires need the working class. The working class does nit need billionaires“ (Milliardäre brauchen die Arbeiterklasse. Die Arbeiterklasse braucht keine Milliardäre). Das zielt nicht auf Bernard Arnault, Jeff Bezos oder Elon Musk als Menschen, sondern auf deren enormes Vermögen, das das Budget manch kleiner Staaten übersteigt.
Und es zielt auf deren Solidarität, die zu wünschen übriglässt. Nicht nur die über 3000 Milliardäre weltweit, sondern auch Multimillionäre zahlen in der Regel prozentual viel weniger Steuern als Menschen mittleren oder hohen Einkommens. Das liegt schon alleine daran, dass sie für ihren Reichtum nicht arbeiten, sondern nur Geld anlegen. Dieses wird aber viel niedriger besteuert als richtige Arbeit. Umgekehrt wäre es logischer. Aber was funktioniert schon logisch im Kapitalismus. Der genau das aber immer von sich behauptet.
Quelle: Threads, mondschaf23, 17.4.24
Georg Rieger