Provokation
Herausforderung
Provokation
Der Ampel-Ausstiegsplan der FDP führt uns vor Augen, wie wichtig die Zurückhaltung mit Bildern auch beim Sprechen sein kann: „D-Day“, „offene Feldschlacht“ – und das alles in eine Pyramide gezeichnet – das sind alles interessante, aber eben auch verräterische und selbstbeschädigende Assoziationen.
„D-Day“ spielt wohl auf den lange geheim gehaltenen Tag der Landung der Alliierten in der Normandie an und auf den Wendepunkt im Verlauf des Zweiten Weltkriegs. Die Wirkkraft eigener Entscheidungen kann man so natürlich versuchen zu erhöhen. Könnte aber auch schiefgehen und das Gegenteil bewirken.
Eine „offene Feldschlacht“ ist es in gewisser Weise tatsächlich geworden, an deren Front nun auch – wie in den meisten Kriegen – die Parteisoldaten geopfert werden, während in der Kommandozentrale Durchhalteparolen ausgegeben werden.
Und mit der Pyramide ist ein besonderer Hattrick gelungen, weil deren Form das autoritäre Top-Down-Prinzip untermalt, dem sich die FDP unterworfen hat. Gleichzeitig ist das Bild ein wahrscheinlich nicht intendierter Lösungsvorschlag: Pyramiden sind nämlich Gräber.
Georg Rieger
In den sozialen Medien läuft gerade eine Aktion #womaninmalefields. Sprüche, die sich Frauen anhören müssen, werden auf Männer umformuliert. Klingt nach billiger Retourkutsche, ist aber ganz anders gemeint und wirkt auch ganz anders: Selbst wer solche Sprüche selbst nicht sagt, merkt, wie verletzend sie sind.
Passend dazu hat sich Friedrich Merz jüngst zur Rolle der Frauen im Staat geäußert: „Wir werden dieses Land ohne Frauen nicht nach vorne bringen.“ Wie herablassend dieser Satz ist, wird klar, wenn man ihn sich umgekehrt von über Männer gesagt vorstellt.
Georg Rieger RefApp
Im März 1933 hat die NSDAP bei den letzten Reichstagswahlen 43,9 % der Stimmen erhalten. Drei Monate schafften sie es, die SPD zu verbieten und einen weiteren Monat später die Neubildung von Parteien. Zu allen folgenden „Wahlen“ war nur noch die NSDAP zugelassen.
Bisher dachten wir, die Vereinigten Staaten hätten nicht nur die mit Abstand älteste demokratische Tradition, sondern auch die stabilste. Es bleibt abzuwarten, was Donald Trump aus seinen Ankündigungen macht, zum Beispiel der, dass dies die letzte Wahl sei. Oder der, dass er seine politischen Gegner einsperren wolle. Seine Ausgangslage ist weitaus besser als die Adolf Hitlers. Und die Analysen der US-Wahl zeigen, dass demokratische Regeln im Ranking der Menschen ziemlich weit unten vorkommen.
Wir können weiter daran glauben, dass das bei uns anders ist. Oder die demokratischen Parteien darin unterstützen, zukunftsweisende und gerechte Entscheidungen zu treffen.
Georg Rieger
Das VW-Management fordert zur Sanierung des Konzerns eine Lohnsenkung um 10 Prozent. Es droht die Schließung von Werken mit der Folge von Zehntausenden Arbeitslosen. VW- Markenchef Thomas Schäfer begründet die Schritte damit, die deutschen Standorte „seien nicht produktiv genug“.
Von Managementfehlern mal abgesehen, die der eigentliche Grund für den Umsatzeinbruch sind: Dem Konzern geht es so schlecht, dass die Aktionärs-Hauptversammlung Ende Mai eine Dividende von 9,06 Euro pro Vorzugsaktie auszahlen konnte. Das ergibt einen Betrag von ca. 4,5 Milliarden. Hauptaktionäre mit 53 Prozent sind die Familien Porsche und Piech.
Merke: Das Geld ist nie weg, sondern nur woanders.
Georg Rieger
Thomas Gottschalk gibt sich gerne als etwas unbedarft. Was meint, dass er gerne so reden will, wie ihm der Schnabel gewachsen ist – ohne viel nachzudenken. Eingeschlossen Bemerkungen, die sexistisch oder rassistisch sind. Er würde wohl sagen: die sexistisch oder rassistisch aufgefasst werden wollen.
Diese Schuldumkehr ist das eigentliche Problem. Seit seiner letzten Sendung betreibt er diese – und zuletzt durch ein ganzes Buch, in dem er beklagt, dass er nicht mehr „Ungefiltert“ (so der Titel) reden darf.
In einem Interview fügte Gottschalk jüngst hinzu, dass er es nicht genießt, „angepinkelt“ zu werden. Mitunter hat man das Gefühl, dass doch. Denn Tommy hätte sich einfach in den Ruhestand verabschieden können und alle hätten seine Sprüche und seine Tätscheleien als ein Phänomen einer vergangenen Zeit verbucht.
Weil ihm die Aufmerksamkeit wichtiger ist, macht er sich zunehmend lächerlich. Dabei kann er durchaus sympathisch selbstironisch sein – wie am Ende seines Buches: "Hier schreibt sich einer seinen Frust von der Seele, der in Wirklichkeit damit hadert, dass nichts mehr so ist, wie es einmal war, und der klagt, dass er nicht mehr das ist, was er mal war."
Quelle: Treads selinakristin (24.10.24)
Georg Rieger
Anfang des Jahres gab es gut besuchte und ermutigende Demonstrationen gegen rechtsradikale, verfassungsfeindliche und menschenfeindliche Parolen. Nun hat der Bundestag mit den Stimmen der Ampel-Koalition ein „Sicherheitspaket“ beschlossen, das Wasser auf die Mühlen genau dieser Erzählungen ist, dass Geflüchtete Deutschland bedrohen und sie deshalb so schlecht wie möglich behandelt werden müssen.
Die beschlossenen Maßnahmen gehen so weit, dass Menschen, die laut dem Dublin-Abkommen eigentlich in einem anderen EU-Land sein müssten, jegliche Sozialleistungen entzogen werden, sie also Hunger und Obdachlosigkeit – letztlich auch der Gewalt der Straße – ausgesetzt werden. Das ist ein klarer Verstoß gegen das Verfassungsgebot, die Würde des Menschen zu schützen.
Gehen wir jetzt wieder auf die Straße? Das wird wohl kaum passieren, weil sich die Debatte binnen eines halben Jahres so verschoben hat, dass sich kaum mehr jemand öffentlich für den Schutz von Geflüchteten einsetzt. Es war leider nur ein kurzes Aufflammen von Mitmenschlichkeit und Integrationsbereitschaft. Die Lügen und der Hass sind längst mehrheitsfähig.Georg Rieger